Friday, 4 September 2020

Überleben ist alles

In der Bahia de los Angelas gibt es einen kleinen Ort mit dem Namen Bahia de los Angelas Village. Dort ist die einzige Möglichkeit in der Gegend, um Lebensmittel einzukaufen oder einen Zugang zum Internet zu finden. Hier haben wir für ein paar Tage geankert, um Nachrichten und E-Mails abzurufen und zubeantworten, mit Ursel (Renates Mutter) telefoniert, den Blog gepostet und unsere Lebensmittel aufgestockt. Letzteres war eine schweißtreibende Beschäftigung und zur Abkühlung sprangen wir ins Wasser. Bei der Gelegenheit haben wir auch gleich das Unterwasserschiff mit Bürste, Schaber und Saugnapf geputzt, wofür wir zusammen gerade mal eine Stunde brauchten.

Mittlerweile haben wir auch eine Routine, wie wir Taiko zum „Anker auf“ vorbereiten. Die Sonnensegel werden abgehängt, die Auflege-Stütze vom Vorsegel entfernt/verstaut und die Luken geschlossen. Dann wird das Dinghy mit dem Auslegerarm per Flaschenzug an Deck gehoben, umgedreht und kopfüber Mitschiffs gesichert. Anschließend wird der Auslegerarm mit der dazugehörigen Ausstattung abgebaut und sicher an Deck verstaut. Inzwischen hat einer von uns Unterdeck nach dem Rechten geschaut und alles Nötige dort gesichert. Wenn die Instrument angeschaltet sind wird erst das Groß und dann das Vorsegel hoch gezogen. Oftmals brauchen wir zum Ablegen nicht die Maschine zu starten. Wir heben den Anker und segeln direkt los. In einer halben Stunde sind wir mit der ganze Prozedur durch und unterwegs.

Oftmals segeln wir in einen Ankerplatz ohne die Maschine zu benutzten. Wir lassen die Segel in letzter Minute fallen und lassen den Haken fallen. So auch am Ankerplatz von Bahia de Animas, wo wir nach einem angenehmen Segeltag am späten Nachmittag ankamen. In der Nacht hatten wir mehr Wind und am Morgen realisierten wir, dass wir 300m geslippt sind. Das war das erste Mal, dass unser Bull Wagga Anker uns nicht am Platz gehalten hat.

 

Annäherung zum Ankerplatz Bahia de Animas

 

Wir mochten diesen Ankerplatz, er hatte nur einen schmalen Strand und dann eine steile Böschung mit einer flachen Ebene dahinter, die ideal zum Wandern war. Wir hatten unseren ersten Landausflug bei Flut. Am Strand fanden wir alte Walknochen, aber auch viel Plastikmüll. Wir wanderten über die Ebene zur nächsten kleinen Bucht, die gerade groß genug war, um ein kleines Boot zu verankern. Wir wollten diese Möglichkeit ausloten und ruderten mit dem tragbaren Tiefenmesser das Beiboot zu dieser kleinen Bucht. Als wir jedoch bei Ebbe dort ankamen, war die Bucht vollständig mit einer Steinbarriere blockiert. Der schöne Strand und die Bucht dahinter wurden durch diese Barriere unzugänglich gemacht. Wir waren erstaunt und etwas enttäuscht. Bei Ebbe sieht halt alles anders aus, wir haben über uns selbst gelacht, dass wir so naiv sein konnten.

 



 Die kleine Bucht im Vordergrund






Die kleine Bucht bei Niedrigwasser

 

 Von unserem Ankerplatz aus unternahmen wir noch einige andere Wanderungen und gingen Schnorcheln. Wir sahen viele Schildkröten und für einen ganzen Tag hatten wir eine kleine Familie Delphine in unsere Bucht




Die Wettervorhersage versprach eine Änderung der Windrichtung, die uns veranlasste, den Ankerplatz zu wechseln und nach Ensenada de Pescador, der nächsten geschützten Bucht, zu segeln, wo mehrere Yachten vor Anker lagen.

Wir haben die Nähmaschine ausgegraben und mehrere Markisen/Sonnensegel für Taiko genäht, nachdem wir von Sunpiper etwas Sonnenschutzstoff bekommen hatten (danke Kate und Leo).

Bei der Gelegenheit wurden auch gleich Winchabdeckungen und neue Flaggen genäht, denn sowohl die mexikanische Gastlandflagge, als auch die Deutsche Flagge waren völlig ausgeweht.


 
  Wir rudern zu einem kleinen Treffen am Strand. 
 

Drei Tage später drehte sich der Wind wieder und der Schwell kam in die Bucht. Eigentlich wollten wir hier noch mehr unternehmen, aber die Sicherheit geht vor und wir hoben den Anker. Die 3½ NM bis zum nächsten Ankerplatz brachte uns einen schnellen Segeltrip. Taiko erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 8 kt. und es wurde nicht ein Mal ungemütlich.

Als wir die Gelegenheit für eine weitere Wanderungen an diesem Ankerplatz nutzten, entdeckten wir mitten in der Wüste zufällig einen Fleck von ungewöhnlich heller Farbe. Bei näherer Untersuchungen stellte sich heraus, dass viele leere Plastikbehälter mit Klebeband verschlossen waren, die anscheinend in einem Düngebeutel zu einem Schwimmer/Boje zusammengebunden waren. Wir haben von anderen Seglern erfahren, dass es am benachbarten Strand mehrere Bündel davon gab. Wir vermuten, dass sie von einem Drogenabwurf stammten und an Land statt im Wasser landeten. Die eigentliche Fracht wurde wahrscheinlich abgeholt und der Rest einfach zurückgelassen. Renate war schnell dabei, die Behälter für den Hausgebrauch zu retten. Sie mag keine Abfälle, gerade so wie ihre Mutter.

 

 

Plastik Container nach vermutlichen Drogenabwurf. 

 

Bienen sind ein Problem in der Wüste von Baja California. Natürlich gibt es in der Wüste wenig Frischwasser und, wie jedes Lebewesen, brauchen Bienen Wasser, um zu überleben. Folglich sind die Baja-Bienen in der Lage, jede Wasserquelle über Meilen zu lokalisieren. Das Kondenswasser morgens auf dem Deck der ankernden Yachten, sowie das Süßwasser, das in oder um die Spüle, der Dusche oder anderen Dingen verbleibt, ist eine willkommene Quelle. Wir haben Moskitonetze über dem Niedergang und den Luken, um zu verhindern, dass sie unter Deck kommen. Spezielle am frühe Morgen und am späten Nachmittag sind die Bienen rund ums Boot am aktivsten. Die Bienen sind nicht aggressiv, aber man muss vorsichtig sein, wo man hin tritt oder was man anfasst, um nicht gestochen zu werden. Wir wurden beide mehrfach gestochen. Bisher habe ich nur mit einer großen unangenehmen Schwellung von etwa 100 mm Durchmesser oder einem fetten, versteiften Finger oder Zeh reagiert. Ich hatte dies immer als eine kleine Irritation angesehen, eher wie einen Sonnenbrand und einen Kater. Doch diese Sichtweise hat sich schlagartig verändert.
Am Freitag, den 28. August, wurde ich wieder einmal von einer Biene gestochen, diesmal an der Innenseite meines großen Zehs. Wir entfernten den Stich und ich fuhr fort, die verdammten Bienen zu verfluchen. Ein paar Minuten später fühlte ich mich schwindelig und unwohl und musste mich aufs Sofas legen und Renate anrufen. Innerhalb weniger Minuten hatte ich einen anaphylaktischen Schock mit allen Symptomen von Atemnot, starkem Schwitzen, dem Gefühl von Kribbeln auf meiner Haut, schwachen Puls und Bewusstlosigkeit. Eine verängstigte Renate ließ mich in eine Papiertüte atmen, während sie ein Beruhigungsmittel verabreichte und mich mit ihren Bowen-Moves körperlich manipulierte. Schließlich erholte ich mich und schlief den Rest des Nachmittags. 




 

 

 

 

 

 Ein Boot ließ eine Schüssel mit Wasser stehen....                  eine kurze Zeit später. 


Wenn ich am Tag zuvor gefragt worden wäre, ob ich allergisch gegen Bienenstiche bin, hätte ich mit "Nein" geantwortet. Jetzt werde ich immer ein Antihistaminikum mit mir tragen, wenn die Gefahr besteht, dass ich gestochen werden. 

Es war Zeit, wieder zu dem kleinen Ort und in die Zivilisation zu segeln. Einerseits wollten wir zum Arzt gehen, um Notfallmedikamente für meine allergische Reaktion zu bekommen, und andererseits online bei den nationalen Wahlen und Referenden in Neuseeland abstimmen. Wir finden es großartig, dass wir unsere Bürgerrechte auch dann ausüben können, wenn wir so weit weg sind. Allerdings fanden wir erst jetzt aus, dass die Wahlen wegen des neuen Covid19 lock-down's in Auckland, um 4 Wochen verschoben wurden.

Unser Besuch im „medizinischen Zentrum“ verlief nicht wie erwartet. Die Aerztin war sehr jung und sprach kein Englisch. Renates Spanisch war gut genug, um zu erklären, was passiert ist, und wir haben einige Antihistaminika und ein Rezepte für injizierbares Adrenalin bekommen. Obwohl wir angeboten haben zu zahlen, brauchten wir keine Gebühr entrichten. In der Apotheke war nur ein Verkäufer ohne Ahnung, der uns mitteilte, dass der Apotheker in eine Woche wieder im Ort sein würde und dass das Medikament auf dem Rezept, das injizierbares Adrenalin, nicht verfügbar war. Glücklicherweise erhielten wir von Marga von der Yacht Dog Fish einen "Epi-Pen", für den Notfall. Wir hoffen, dass wir damit auskommen, bis wir nach Guaymas kommen. Wir erwarten in den nächsten ein oder zwei Tagen uns mit einen amerikanischen Segel, der Arzt ist zu treffen. Er versprach uns, für den Notfall mehr Adrenalin in einer Ampulle zu geben, die wir dann in einer Spritze aufziehen können. Er wird uns hoffentlich auch helfen, ein geeignetes Steroid aus der örtlichen Apotheke zu beziehen. Ich komme zu dem Schluss, dass ich trotz der relativen Isolation einer sehr kleinen mexikanischen Gemeinde gut aufgehoben bin.



 


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