eigentlich wollten wir
schon Ende Februar unseren Bericht über die Erstellung der Segel
erzählen, aber genau genommen ist der Prozess immer noch nicht
abgeschlossen.
Als wir unser Boot in
Porte Escondido in der Baja California Sur übernommen haben, hatte
es flach geschnittene Segel, die nicht gut gezogen haben. Dies war
ein Grund, warum das Schiff sich nur langsam fortbewegte. Wir wussten
schon in NZ, dass wir langfristig gewölbte „cambered“ Segel
wollten.
Die Marina in Guaymas
war ein idealer Platz, dieses Projekt in Angriff zu nehmen. Sie
stellten uns einen großen Raum zur Verfügung, indem wir arbeiten
konnten.
Schon auf unseren
Einkaufstrip in die Staaten haben wir das Material bestellt, dass
nach Mexiko in die Marina geliefert werden sollte. Das Material, „Top
Gun 9“ ist ein Vinyl beschichtetes Sonnen resistentes Leinen, das
sich schon bei Tystie's Segel bewährt hatte. Bei einer Breite von
1,3 m bestellten wir 45 Meter in rot und 23m in Weiß.
Wir warteten lange auf
die Lieferung. Letztendlich erfuhren wir, dass das Paket nicht
ausgeliefert werden konnten, weil man in Mexiko eine spezielle Lizenz
braucht, um Textilien zu importieren. Da wir dies aber nicht haben,
wurde die Sendung kurzerhand wieder zurück geschickt. Wir brauchten
Wochen, um eine andere Möglichkeit zu finden, das Material nach
Guaymas zu transportieren. Glücklicherweise erfuhren wir von einer
Frau, die oft zwischen Tucson und Guaymas mit dem Auto pendelt,
Seglern Pakete zuzustellen. Diese Option haben wir mehrmals in
Anspruch genommen. und waren jedes Mal sehr glücklich, als wir
endlich die Sachen in Empfang nehmen konnten. Auf diesem Wege bekamen
wir außer dem Segelmaterial auch die Sailrite, die Salontische und
unseren Wassermacher.
Wir studierten die
Anleitung, „ a DIY guide to rigging a boat with cambered panel
sails“, die wir von der JRA „Jung Rig Association“ Website
runter geladen hatten. Das waren schon einige Seiten, die da
durchgearbeitet werden mussten.
Wir nahmen verschiedene
Messungen vom existierenden Segel vor, z.B. Länge und Abstand der
Latten, Länge der Masten, usw.
Dann wagte sich Martin
an die Kalkulationen der verschieden Panels/Sektions.
Hart konzentriert. Der
Käpt'n beim Berechnen.
Um die Penels richtig
aus dem Material zuschneiden brauchten wir etwas, dass wir als
Schablone verwenden konnten. Es musste stabil genug sein und durfte
sich nicht verziehen. Es ist nicht so einfach jemanden zu erklären,
was man machen möchte, wenn man die Sprache nicht gut genug spricht
und die andere Seite keine Ahnung davon hat, was du machen möchtest.
Unsere „Jungs“ halfen uns etwas festeres Kartonpapier zu finden.
Natürlich war das nicht groß genug und wir klebten die verschieden
Blätter aneinander, um die Fläche zu erreichen, die wir benötigten.
Das Kartonpapier wird
zusammengefügt, um die Schablonen zu machen.
Dann konnten wir das
erste Panel/Teil aufzeichnen. Doch welch ein Schreck, die Schablone
war breiter als 1,3m vom Stoff. Es ging kein Weg daran vorbei wir
mussten jede Bahn mit einer weiteren verbinden bevor wir das erste
Teil ausschneiden konnten. Damit hatten wir nicht gerechnet. War es
doch eine sehr zeitaufwendige Zusatzarbeit, die uns fast eine Woche
kostete. Um nicht zu viel „off-cuts “ zu haben, nähten wir die
Abschnitte mit der nächsten Bahn zusammen.
Sektion Schablone auf
dem zusammengefügt Stoff, fertig zum markieren und ausschneiden
So wurde eine Sektion
nach der anderen ausgeschnitten, gesäumt, markiert und auf die Seite
gelegt. Wir können gar nicht in Zahlen ausdrücken, wie viele Meter
wir auf Knien durch den Raum gerutscht sind.
Obere Sektionen, eins
als Schablone, das andere schon zugeschnitten.
Die oberen beiden
Dreiecke waren dann nochmals eine Herausforderung. Uns fehlten die
Referenzpunkte. Somit haben wir die Berechnung dann auf geometrische
Weise gelöst. Nun waren alle großen Segelsektionen ausgeschnitten
und die schwierigste Arbeit fing an. Die batten-pockets, also die
Taschen, in denen die Latten liegen, mussten gefertigt werden. Da wir
aber nun schon kaum mehr Tuch über hatten, haben wir all die kleinen
Reststücke wie ein Puzzle zusammengefügt.
Lattentasche Puzzle mit
zwei Latten zur Längenabschätzung.
Wir wurden ein gutes
Team, sowohl mit dem markieren und ausschneiden, wie auch die großen
Stoffteile durch die Maschine zu füttern.
Am Anfang waren die
Teile noch relative klein, aber mit jeder Sektion wurde es schwerer
und schwieriger den Stoff durch die Nähmaschine zu führen. Das ein
oder andere Mal sind wir aus der Spur geraten und mussten die Naht
wieder auftrennen. Oder es lief gerade so gut und geradeaus und dann
war der Faden zu Ende und der Unterfaden musste neu aufgespult
werden.
So arbeiteten wir uns
langsam vom untersten Panel nach oben. Nachdem 2 Sektionen
zusammengefügt waren, wurde auf die Naht die Lattentasche genäht.
So wuchs das Segel langsam zusammen. Zu erst nähten wir das etwas
kleinere Vorsegel und dann das Hauptsegel.
Renate ist gerade mit
einer Naht fertig. An ihrer linken Hand ist das zusammengefügt
Material zu erkennen.
Beim Hauptsegel ist uns
dann doch das Material ausgegangen. Uns fehlten noch 3 Lattentaschen.
Erneut musste eine Lösung gefunden werden. Mit der Hilfe von einer
Marina Mitarbeiterin konnten wir eine Firma in einem anderen
Bundesstaat ausfindig machen, die „sunbrella“ Persenning
verkauften. Somit bestellten wir gleich genug Material, um auch
unseren geplanten Dodger (Wetterschutz für den Eingang ins Boot)
herzustellen.
Als alle Teile
zusammengefügt waren, wurde das komplette Segel mit Gurtband umnäht.
Schlaufen wurden angebracht, um das Segel am den Baum zu befestigen
und die Latten zu sichern. Dann bekamen die Segel noch ihren ganz
persönlichen Touch. Als Überraschung nähte Renate ein Icon auf das
untere Dreieck. Das Segel brauchte einen Taiko.
Fertiges Segel
ausgebreitet. Die Wölbung ist an den Lattentasche und am unteren
Ende zu erkennen.
Nun begann die Arbeit
für Martin. Die Segel wurden an Bord gebracht und die frisch
gemalten Latten in die Taschen befestigt. Panel für Panel wurde das
Segel am Mast gehisst. Dafür hat Martin ruhiges Wetter abgewartet.
Dann konnten alle die Segel am Mast bestaunen.
Der Capt'n betrachtet
die Segel kritisch – Foto zeigt auch den Dodger Rahmen mit
Template.
Aber der Capt'n war
nicht glücklich. Es brauchte eine lange Zeit mit ausprobieren und
ein Testsegeln um herauszufinden, wie wir die diagonalen Falten in
den Segeln beseitigen können.
Die langen Seiten der
Dreieck waren zu lang und ließen die Latten am Ende der Segel zu
sehr hängen. Somit mussten die Segel wieder abgenommen werden und
wir schnitten ein gutes Stück aus jedem Segel aus.
Das abgenommene Segel
mit dem ausgeschnittenen Teil im unteren Bild
Natürlich mussten wir
dann die neue Form anpassen, aber es machte einen ordentlichen
Unterschied.
Mittlerweile sind wir
so einiges mit den den neuen Segeln gesegelt. Sie ziehen gut und wir
machen auch bei leichtem Wind gute Fahrt. Der Capt'n ist immer noch
nicht 100% zufrieden und plant am Hauptsegel eine zweite Leine zur
Regulierung der Segel anzubringen. Auch am Vorsegel ist er dabei die
Blöcke für die Regulierung zu versetzen, um einen besseren Winkel
zu bekommen.
Es ist erstaunlich wie
viele andere Segler bei uns vorbei kommen und sagen wie beeindruckt
sie von unseren Segeln sind und wir gut sie ihnen gefallen. Sie
können es dann gar nicht glauben, dass wir sie selbst genäht haben.
Aber es macht uns jedes mal ein bisschen Stolz auf unsere Taiko.
Einlaufen am Ankerplatz
von San Everisto
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