Sunday, 24 May 2020

Auswirkung von Covid-19

Die ersten Nachrichten über Covid-19 kamen von China. Dann schwabbte die Welle nach Europa und von dort über den Rest der Welt. Auch wir in Mexiko waren/sind davon betroffen.
Mein Flug nach DL zum Geburtstag meiner Mutter wurde von der Fluggesellschaft storniert.

Somit wurde unser Plan hastig geändert, denn wir wollten der Sache entfliehen und so schnell wie möglich in den Südpazifik nach Französisch-Polynesien aufbrechen. Unsere Argumentation war, dass wir nach achtundzwanzig Tagen bei der Ankunft Viren-frei oder tot sind und daher den französischen Behörden wenig Angst bereiten würden. Außerdem wären wir weit weg vom Schuss und in einsamen Gegenden.

Nachdem wir zuvor Schwierigkeiten hatten, Wasser in den Pazifikstaaten zu beschaffen, wollten wir die lange Reise nicht beginnen, ohne unseren Wassermacher installiert zu haben.
Es war ein ziemlich schwieriges Puzzel, für alle Teile des Wassermachers einen geeigneten Platz zu finden. Die Installation war relativ schnell abgeschlossen, in etwas weniger als zwei Wochen, trotz mehrerer Landgänge zum örtlichen Sanitärgeschäft. Doch dann, als wir fast fertig waren, überschlugen sich die Nachrichten über Grenzschließungen und Einreiseauflagen. Fast stündlich erhielten wir neue unheilvolle Informationen, alle Länder im Südpazifik haben ihre Grenzen geschlossen. Wir überprüften die Regelungen für die anderen zentralamerikanischen Länder, aber auch da gab es ordentliche Einschränkungen, die sich täglich zu verschärfen schienen.






Wohin soll die Reise gehen? 


Es wurde schnell klar, dass eine Ausreise aus Mexiko unmöglich wird/ist, da kein anderes Land im Pazifik (außer Neuseeland) uns die Einreise erlauben würde. Nonstop Mexiko-Neuseeland war für uns keine Alternative. Letztendlich blieb uns nur noch hier in Mexiko zu bleiben.

Somit haben wir die Zeichen so gelesen, dass wir uns hier in der Baja California doch umsehen und etwas länger aufhalten sollen. Für uns heißt das ein ganzes Jahr, bis Februar oder März zu warten, um dann die Barfuß-Route nach NZ zu besegeln. Die Überfahrt ist Saison abhängig um die Zyklone der nördlichen und südlichen Hemisphäre zu vermeiden.
Mit diesem Wissen haben wir versucht unser Touristenvisa in ein Jahresvisa umzuwandeln, was die Migration-Behörde von Mexiko ablehnte. Als alle Grenzen bereits geschlossen waren, empfahlen sie uns, in die Vereinigten Staaten aus zureisen, wo uns die Einreise verweigert würde und wir vermutlich auch nicht zum nach zurück nach Mexiko zu unserm Boot zurückkehren könnten. Dies war uns zu Risiko reich und somit haben wir die ganze Sache erst mal Ruhen lassen und hoffen, dass wir die Visums-Frage lösen können, wenn sich die Beschränkungen lockern. Jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass dies im Juni passieren kann.

Mit den Nachrichten und Informationen aus Deutschland und Neuseeland hatten wir das Gefühl, dass die Pandemie in Mexiko am Anfang etwas nachlässig angegangen wurde. Dieser Eindruck ist bestimmt suggestiv, da wir die Nachrichten nicht auf Spanisch verfolgen können.
Wir beschlossen, La Paz, die Landeshauptstadt von Baja California Sur, zu verlassen, solange der Hafen noch geöffnet ist und wir uns in die weniger besiedelten Inselwelt der Sea of Cortez zurückziehen können.
Hier würde die Selbstisolation leichter fallen und wir können an den verschieden Stellen, an denen es keine Siedlung gibt, schnorcheln oder wandern, während wir langsam Richtung Norden segeln, um bis spätestens Juni aus dem Hurrikangürtel herauszukommen.
So wie wir, haben sich auch viele andere Yachties entschieden und man hat das Gefühl, als ob eine ganze Armada Richtung Norden unterwegs ist.

Bevor wir aus La Paz letztendlich ablegen konnten, haben wir noch Proviant aufgenommen. In den Supermärkten zeigte sich auf einmal ein anderes Bild. Am Eingang hat jemand mit der Desinfektionsflasche gestanden und jeden Kunden seine Hände waschen lassen. Die Angestellten trugen alle Handschuhe und Mundschutz. Leute hielten Abstand und warteten, bis der Gang frei war, statt sich, wie üblich, am anderen Kunden vorbei zu quetschen. Auch beim Schlange stehen wurde der Abstand einbehalten. Wir waren von dieser Disziplin beeindruckt.
Selbst auf den Ankerplätzen hielten die Yachties Abstand zueinander. Es waren keine sozialen Zusammenkünfte oder gemeinsame Unternehmungen sichtbar, jeder blieb für sich.



Abschied aus der Ferne


Nun segeln wir langsam nach Norden. Unterwegs stoppen wir an verschieden kleinen malerischen Ankerplätzen. Ein Highlight war ein kurzer Stopp an einer Seehund-Kolonie in einem Marinepark. Wir wurden sofort von den Seelöwenwelpen umrundet und begrüßt. Die Einladung zum Schwimmen haben wir nicht abgelehnt und sind ins Wasser. Was für eine Erfahrung. Die flinken Welpen tummelten um uns herum, schlugen Kapriolen und sprangen in ihrerer verspielten Weise über uns, während wir an der Oberfläche schwammen. Nebenbei wurden wir von Fischschwärmen umgeben. Das Wasser wurde uns aber bald zu kalt und frierend ging es zurück an Bord und weiter zu einem geschützten Ankerplatz für die Nacht. 

 

Seelöwenwelpen beim tummeln. 


  
Ein Fischschwarm umgibt uns.




Am Karfreitag ankerten wir mit 12 anderen Booten vor einem kleinen Dorf in San Evaristo. Am Nachmittag kam eine Panga mit den Dorfvorstehern zu jedem Boot und bat sie, die Bucht zu verlassen. Dazu muss man wissen, dass der Präsident von Mexiko zu Ostern ein 96-stündige Ausgangssperre über das ganze Land verhängt hat. Wir konnten einer sofortigen Durchführung der Aufforderung verhindern, indem wir erklärten, dass wir mit dem verbleibenden Tageslicht keinen sicheren Ankerplatz mehr erreichen könnten und dass die Wettervorhersage für den nächsten Tag nicht positiv aussieht. Mit dem Versprechen nicht an Land zu kommen, durfte die Flotte noch bis zum Ostersonntag bleiben. Wir verstehen die Mexikaner in den kleinen abgelegenen Dörfern nur zu gut. Sie sind in einer gefährdeten Position Es gibt dort keine medizinische Versorgung, das nächste Krankenhaus ist 5 Autostunden entfernt und nur über eine ausgewaschene Wüstenstrecke, die man kaum Straße nennen kann, zu erreichen, Dazu braucht man dann ein Allradfahrzeug mit hohem Radstand und dann ist die Piste auch nur bei guten Wetter zu befahren ist.

Über Funk sind wir jeden Morgen mit anderen Yachten verbunden. So erfahren wir neben der aktuellen Wettervorhersage auch die neuesten Berichte und Erfahrungen zu den Einschränkungen des Covid-19-Virus von anderen Leidensgenossen, die auf dem Trip nach Norden uns einige Meilen voraus sind. So fühlen wir uns mehr oder weniger auf dem neuesten Stand der Dinge. 


  
Einer der schönsten Ankerplätze, Isla San Francisco




Der nächste Punkt, an dem uns die beängstigende Realität des Virus traf, war der malerische Ankerplatz von Agua Verde. Wir ankerten in dem kleinen Dorf, wo Aktivitäten am Strand oder Essen im kleinen Strandrestaurant nicht mehr erlaubt waren.




Der sehenswerte Südankerplatz von Isla Verde


Als wir an Land zum Dorfladen gingen, trugen wir respektvoll unsere Gesichtsmasken und wurden vom freundlichen Dorfpolizisten auf seinem Quad begrüßt. Er war sichtlich erfreut zu sehen, dass wir bereits die empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatten. Nach dem 'buenos dias' des Polizisten gingen wir weiter zum Laden. Im Geschäft stellten wir fest, dass jeweils nur eine Person mit Gesichtsmaske und frisch desinfizierten Händen eintreten darf. Alles vernünftigen Vorsichtsmaßnahmen. Hier konnten wir mit einem Stunden-Ticket Zugang zum Satelliten-Internet kaufen. Die Verbindung war sehr langsam, dennoch konnten wir einige wichtige E-Mails lesen und senden.

Dieser Luxus war jedoch schnell vorbei, da Mexiko in Level 4 ging und somit der Laden und das Dorf für alle Außenstehenden geschlossen wurde. Die Dörfer sollte völlig isoliert sein, niemand darf mehr das Dorf verlassen oder betreten. Wir wurden nicht gebeten, den Ankerplatz zu verlassen und durften weiterhin in den Hügeln und an den Stränden außerhalb des Dorfes spazieren gehen.



 Auf einem unserer Wanderungen

 

Da ein Großteil der mexikanischen Bevölkerung nicht weit über der Armutsgrenze lebt, waren wir Yachties zutiefst besorgt darüber, wie sich der plötzliche Verlust des Einnahmen durch den Besuch von uns Yachten auf das Leben der Dorfbewohner auswirken würde. Darüber hinaus waren wir sehr besorgt darüber, wie ihre Bedürfnisse gedeckt würden, wenn sie von Lieferungen aus der Außenwelt abgeschnitten sind. Die Sorge um unsere eigene Situation war gering, da die meisten Yachten gut versorgt waren und nach Belieben weiterfahren konnten. Die hart arbeitenden mexikanischen Familien hatten nur die Lebensmittel, die sie zum Zeitpunkt der Schließung hatten und mussten damit für unbestimmte Zeit auskommen. Positiv zu vermerken ist, dass das Dorf einen ausgezeichneten Ziegenkäse produziert, von dem die Yachties viel gekauft haben. Da es sich um ein im Dorf hergestelltes Produkt handelt, das keine Eingaben von außen erfordert war das eine gute Möglichkeit, mehr Geld in die Wirtschaft des Dorfes zu bringen.
Interessanterweise dürfen sich die Ziegen mit einem großen Hund frei bewegen. Der Hund wird als junger Welpe mit der Ziegenherde zusammengebracht und betrachtet die Ziegen daher als sein Rudel, das er beschützt und gegen Raubtiere, z.B. Kojoten verteidigt.
 

Der Nordankerplatz von Aqua Verde


Es sind mittlerweile 5 Wochen, seit wir La Paz verlassen haben. Die Situation war jetzt schwer einzuschätzen. Was bedeutete das alles für uns als Langzeitbesucher? Wie wird sich die Lebensmittelversorgung für die Bevölkerung und für uns entwickeln? In wie weit und wie schnell wird sich der Virus hier in der Baja California Sur ausbreiten? Wo können wir noch ankern, wenn wir uns von Dörfern und Fishing-Camps fernhalten sollen? Bei all den Fragen entschlossen wir uns nach Porto Escondio zu segeln.
Das Ankern in der Bucht ist nicht gestattet und die Boote sind verpflichtet, den Yachthafen mit seinen unverschämten Preisen zu nutzen. Die Plätze am Steg sind unbezahlbar, aber in der Bucht sind unzählige Ankerbojen, die etwas günstiger sind. Die Marina reagierte sehr positiv auf die Bedürfnisse der Segler. Es sprach sich schnell herum, dass der kleine Yachthafen Laden Einkaufslisten entgegen nimmt und Mitarbeiter in die Stadt schickt, um die Einkäufe zu erledigen. Man ist sich zwar nie sicher über die Menge, Qualität oder den Preis seiner Einkäufe, aber sie gaben sich unglaubliche Mühe, um alle zufrieden zu stellen. Also haben wir eine Boje für einen Monat gemietet, um die Entwicklung abzuwarten. Auch hier müssen wir die Verhaltensregeln befolgen und Gesichtsmasken tragen und Abstand halten, aber wir können die Internetverbindung, eine Wäscherei und Duschen benutzen, wenn wir die lange Strecke an Land rudern.



Marina Porte Escondido, im Hintergrund ist das Mooringsfeld zu erkennen  
 

 
Nun ist unser Monat fast zu Ende. Wir nutzten die Zeit um einige Projekte an Bord abzuschließen, bzw. kleiner Veränderungen an Bord vor zu nehmen. So hat Martin eine Halterung gebaut, um das Dinghy sicher an Deck zu verstauen. Wir haben die Segel nochmals anders an den Latten gesichert und verbesserten am Vor- und Hauptsegel die Trim-Leinen. Anschließend haben wir uns sehr über das Testsegel in der Bucht gefreut, können aber immer noch nicht herausfinden, warum das obere Panel, wenn wir hart am Wind segeln, Falten zeigt. Wir vermuten, dass das obere Segelfeld die Latten nach unten zieht, wenn die Panel vom Wind aufgebläht werden, wodurch das Vorliek gedehnt wird. Das Hinzufügen einer zusätzliche Leine aus Dyneema zum Gurtband am Vorliek kann dies vielleicht verhindern.


 


Probesegeln in der Bucht von Porte Escondido
  

Wir studierten neue Musik ein und Martin spielt nun unter anderem „Trumpet Hornpipe“, auch bekannt als „Capt'n Pugwash" auf der Mandoline. Natürlich haben wir hier auch andere Segler kennengelernt und es gab das ein oder andere Treffen mit genügend Abstand zueinander, wie z.B. als ein Segler ein Konzert von Bord seines Bootes gab und die anderen in ihren Dinghys rundherum angebunden waren.
Die Situation mit dem Virus hat sich nicht wirklich entspannt, aber hier in der Gegend hat es sich nicht verschlechtert. Wir hatten gehofft, unser Visum hier zu verlängern, aber leider hat das aus technischen Gründen nicht geklappt. So werden wir nun unseren Weg weiter nach Norden fortsetzen, um aus dem Hurrikanbereich zukommen. Für uns bedeutet es endlich wieder segeln, aber auch kein oder sehr limitiertes Internet. Deshalb kann es gut sein, dass ihr wieder etwas länger auf den nächsten Eintrag warten müsst.

 

unsere Reise nach Norden geht weiter


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