Die
ersten Nachrichten über Covid-19 kamen von China. Dann schwabbte die
Welle nach Europa und von dort über den Rest der Welt. Auch wir in
Mexiko waren/sind davon betroffen.
Mein
Flug nach DL zum Geburtstag meiner Mutter wurde von der
Fluggesellschaft storniert.
Somit
wurde unser Plan hastig geändert, denn wir
wollten der Sache entfliehen und so schnell wie möglich in den
Südpazifik nach Französisch-Polynesien
aufbrechen. Unsere Argumentation war, dass
wir nach achtundzwanzig Tagen bei der Ankunft Viren-frei oder tot
sind und daher den französischen Behörden wenig Angst bereiten
würden. Außerdem wären wir weit weg vom Schuss und in
einsamen Gegenden.
Nachdem wir zuvor Schwierigkeiten hatten, Wasser in den Pazifikstaaten zu beschaffen, wollten wir die lange Reise nicht beginnen, ohne unseren Wassermacher installiert zu haben.
Es
war ein ziemlich schwieriges Puzzel, für alle Teile des
Wassermachers einen geeigneten Platz zu finden. Die Installation war
relativ schnell abgeschlossen, in etwas weniger als zwei Wochen,
trotz mehrerer Landgänge zum örtlichen Sanitärgeschäft. Doch
dann, als wir fast fertig waren, überschlugen sich die
Nachrichten über Grenzschließungen und Einreiseauflagen. Fast
stündlich erhielten wir neue unheilvolle Informationen, alle Länder
im Südpazifik haben ihre Grenzen geschlossen. Wir überprüften die
Regelungen für die anderen zentralamerikanischen Länder, aber auch
da gab es ordentliche Einschränkungen, die sich täglich zu
verschärfen schienen.
Wohin soll die Reise gehen?
Es
wurde schnell klar, dass eine Ausreise aus Mexiko unmöglich
wird/ist, da kein anderes Land im Pazifik (außer Neuseeland) uns
die Einreise erlauben würde. Nonstop Mexiko-Neuseeland war
für uns keine Alternative. Letztendlich blieb uns nur noch hier in
Mexiko zu bleiben.
Somit
haben wir die Zeichen so gelesen, dass wir uns hier in der Baja
California doch umsehen und etwas länger aufhalten sollen. Für uns
heißt das ein ganzes Jahr, bis Februar oder März
zu warten, um dann die Barfuß-Route nach NZ zu besegeln. Die
Überfahrt ist Saison abhängig um die Zyklone der
nördlichen und südlichen Hemisphäre zu vermeiden.
Mit
diesem Wissen haben wir versucht unser Touristenvisa in ein
Jahresvisa umzuwandeln, was die Migration-Behörde von Mexiko
ablehnte. Als alle Grenzen bereits geschlossen
waren, empfahlen sie uns, in die Vereinigten Staaten aus zureisen, wo
uns die Einreise verweigert würde und wir vermutlich auch nicht zum
nach zurück nach Mexiko zu unserm Boot zurückkehren könnten. Dies
war uns zu Risiko reich und somit haben wir die ganze Sache erst mal
Ruhen lassen und hoffen, dass wir die Visums-Frage
lösen können, wenn sich die Beschränkungen lockern. Jetzt gibt es
Anzeichen dafür, dass dies im Juni passieren kann.
Mit
den Nachrichten und Informationen aus Deutschland und Neuseeland
hatten wir das Gefühl, dass die Pandemie in Mexiko am Anfang etwas
nachlässig angegangen wurde. Dieser Eindruck ist bestimmt suggestiv,
da wir die Nachrichten nicht auf Spanisch verfolgen können.
Wir beschlossen, La Paz, die Landeshauptstadt von Baja California Sur, zu verlassen, solange der Hafen noch geöffnet ist und wir uns in die weniger besiedelten Inselwelt der Sea of Cortez zurückziehen können.
Wir beschlossen, La Paz, die Landeshauptstadt von Baja California Sur, zu verlassen, solange der Hafen noch geöffnet ist und wir uns in die weniger besiedelten Inselwelt der Sea of Cortez zurückziehen können.
Hier
würde die Selbstisolation leichter fallen und wir können an den
verschieden Stellen, an denen es keine Siedlung gibt, schnorcheln oder
wandern, während wir langsam Richtung Norden segeln, um bis
spätestens Juni aus dem Hurrikangürtel herauszukommen.
So
wie wir, haben sich auch viele andere Yachties entschieden und man
hat das Gefühl, als ob eine ganze Armada Richtung Norden unterwegs
ist.
Bevor
wir aus La Paz letztendlich ablegen konnten, haben wir noch Proviant
aufgenommen. In den Supermärkten zeigte sich auf einmal ein anderes
Bild. Am Eingang hat jemand mit der Desinfektionsflasche gestanden
und jeden Kunden seine Hände waschen lassen. Die Angestellten trugen
alle Handschuhe und Mundschutz. Leute hielten Abstand und warteten,
bis der Gang frei war, statt sich, wie üblich, am anderen Kunden
vorbei zu quetschen. Auch beim Schlange stehen wurde der Abstand
einbehalten. Wir waren von dieser Disziplin beeindruckt.
Selbst
auf den Ankerplätzen hielten die Yachties Abstand zueinander. Es
waren keine sozialen Zusammenkünfte oder gemeinsame Unternehmungen
sichtbar, jeder blieb für sich.
Abschied aus der Ferne
Nun
segeln wir langsam nach Norden. Unterwegs stoppen wir an verschieden
kleinen malerischen Ankerplätzen. Ein Highlight war ein kurzer Stopp
an einer Seehund-Kolonie in einem Marinepark. Wir wurden sofort von
den Seelöwenwelpen umrundet und begrüßt. Die Einladung zum
Schwimmen haben wir nicht abgelehnt und sind ins Wasser. Was für
eine Erfahrung. Die flinken Welpen tummelten um uns herum, schlugen
Kapriolen und sprangen in ihrerer verspielten Weise über uns,
während wir an der Oberfläche schwammen. Nebenbei wurden wir von
Fischschwärmen umgeben. Das Wasser wurde uns aber bald zu kalt und
frierend ging es zurück an Bord und weiter zu einem geschützten
Ankerplatz für die Nacht.
Seelöwenwelpen beim tummeln.
Ein Fischschwarm umgibt uns.
Am
Karfreitag ankerten wir mit 12 anderen Booten vor einem kleinen Dorf
in San Evaristo. Am Nachmittag kam eine Panga mit den Dorfvorstehern
zu jedem Boot und bat sie, die Bucht zu verlassen. Dazu muss
man wissen, dass der Präsident von Mexiko zu Ostern ein 96-stündige
Ausgangssperre über das ganze Land verhängt hat. Wir konnten einer
sofortigen Durchführung der Aufforderung verhindern, indem wir
erklärten, dass wir mit dem verbleibenden Tageslicht keinen sicheren
Ankerplatz mehr erreichen könnten und dass die Wettervorhersage für
den nächsten Tag nicht positiv aussieht. Mit dem Versprechen nicht
an Land zu kommen, durfte die Flotte noch bis zum Ostersonntag
bleiben. Wir verstehen die Mexikaner in den kleinen
abgelegenen Dörfern nur zu gut. Sie sind
in einer gefährdeten Position Es gibt dort
keine medizinische Versorgung, das nächste Krankenhaus ist 5
Autostunden entfernt und nur über eine ausgewaschene Wüstenstrecke,
die man kaum Straße nennen kann, zu erreichen, Dazu braucht
man dann ein Allradfahrzeug mit hohem
Radstand und dann ist die Piste auch nur bei guten Wetter zu befahren
ist.
Über
Funk sind wir jeden Morgen mit anderen Yachten verbunden. So erfahren
wir neben der aktuellen Wettervorhersage auch
die neuesten Berichte und Erfahrungen zu den Einschränkungen des
Covid-19-Virus von anderen Leidensgenossen, die auf dem Trip nach
Norden uns einige Meilen voraus sind. So
fühlen wir uns mehr oder weniger auf dem neuesten Stand der Dinge.
Einer der schönsten Ankerplätze, Isla San Francisco
Der
nächste Punkt, an dem uns die beängstigende Realität des Virus
traf, war der malerische Ankerplatz von Agua Verde. Wir ankerten in
dem kleinen Dorf, wo Aktivitäten am Strand oder Essen im kleinen
Strandrestaurant nicht mehr erlaubt waren.
Der sehenswerte Südankerplatz von Isla Verde
Als
wir an Land zum Dorfladen gingen, trugen wir respektvoll unsere
Gesichtsmasken und wurden vom freundlichen Dorfpolizisten auf seinem
Quad begrüßt. Er war sichtlich erfreut zu sehen, dass wir bereits
die empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatten. Nach dem
'buenos dias' des Polizisten gingen wir weiter zum Laden. Im Geschäft
stellten wir fest, dass jeweils nur eine Person mit Gesichtsmaske und
frisch desinfizierten Händen eintreten darf. Alles vernünftigen
Vorsichtsmaßnahmen. Hier konnten wir mit einem Stunden-Ticket Zugang
zum Satelliten-Internet kaufen. Die Verbindung war sehr langsam,
dennoch konnten wir einige wichtige E-Mails lesen und senden.
Dieser
Luxus war jedoch schnell vorbei, da Mexiko in Level 4 ging und somit
der Laden und das Dorf für alle Außenstehenden geschlossen wurde.
Die Dörfer sollte völlig isoliert sein, niemand darf mehr das Dorf
verlassen oder betreten. Wir wurden nicht gebeten, den Ankerplatz zu
verlassen und durften weiterhin in den Hügeln und an den Stränden
außerhalb des Dorfes spazieren gehen.
Auf einem unserer Wanderungen
Da
ein Großteil der mexikanischen Bevölkerung nicht weit über der
Armutsgrenze lebt, waren wir Yachties zutiefst besorgt darüber, wie
sich der plötzliche Verlust des Einnahmen durch den Besuch von uns
Yachten auf das Leben der Dorfbewohner auswirken würde. Darüber
hinaus waren wir sehr besorgt darüber, wie ihre Bedürfnisse gedeckt
würden, wenn sie von Lieferungen aus der Außenwelt abgeschnitten
sind. Die Sorge um unsere eigene Situation war gering, da die meisten
Yachten gut versorgt waren und nach Belieben weiterfahren konnten.
Die hart arbeitenden mexikanischen Familien hatten nur die
Lebensmittel, die sie zum Zeitpunkt der Schließung hatten und
mussten damit für unbestimmte Zeit auskommen. Positiv zu vermerken
ist, dass das Dorf einen ausgezeichneten Ziegenkäse produziert, von
dem die Yachties viel gekauft haben. Da es sich um ein im Dorf
hergestelltes Produkt handelt, das keine Eingaben von außen
erfordert war das eine gute Möglichkeit, mehr Geld in die Wirtschaft
des Dorfes zu bringen.
Interessanterweise dürfen sich die Ziegen mit einem großen Hund frei bewegen. Der Hund wird als junger Welpe mit der Ziegenherde zusammengebracht und betrachtet die Ziegen daher als sein Rudel, das er beschützt und gegen Raubtiere, z.B. Kojoten verteidigt.
Interessanterweise dürfen sich die Ziegen mit einem großen Hund frei bewegen. Der Hund wird als junger Welpe mit der Ziegenherde zusammengebracht und betrachtet die Ziegen daher als sein Rudel, das er beschützt und gegen Raubtiere, z.B. Kojoten verteidigt.
Der Nordankerplatz von Aqua Verde
Es
sind mittlerweile 5 Wochen, seit wir La Paz verlassen haben. Die
Situation war jetzt schwer einzuschätzen. Was bedeutete das alles
für uns als Langzeitbesucher? Wie wird sich die
Lebensmittelversorgung für die Bevölkerung und für uns entwickeln?
In wie weit und wie schnell wird sich der Virus hier in der Baja
California Sur ausbreiten? Wo können wir noch ankern, wenn wir uns
von Dörfern und Fishing-Camps fernhalten sollen? Bei all den Fragen
entschlossen wir uns nach Porto Escondio zu segeln.
Das
Ankern in der Bucht ist nicht gestattet und die Boote sind
verpflichtet, den Yachthafen mit seinen unverschämten Preisen zu
nutzen. Die Plätze am Steg sind unbezahlbar, aber in der Bucht sind
unzählige Ankerbojen, die etwas günstiger sind. Die Marina
reagierte sehr positiv auf die Bedürfnisse der Segler. Es sprach
sich schnell herum, dass der kleine Yachthafen Laden Einkaufslisten
entgegen nimmt und Mitarbeiter in die Stadt schickt, um die Einkäufe
zu erledigen. Man ist sich zwar nie sicher über die Menge, Qualität
oder den Preis seiner Einkäufe, aber sie gaben sich unglaubliche
Mühe, um alle zufrieden zu stellen. Also haben wir eine Boje für
einen Monat gemietet, um die Entwicklung abzuwarten. Auch hier müssen
wir die Verhaltensregeln befolgen und Gesichtsmasken tragen und
Abstand halten, aber wir können die Internetverbindung, eine
Wäscherei und Duschen benutzen, wenn wir die lange Strecke an Land
rudern.
Marina Porte Escondido, im Hintergrund ist das Mooringsfeld zu erkennen
Nun
ist unser Monat fast zu Ende. Wir nutzten die Zeit um einige
Projekte an Bord abzuschließen, bzw. kleiner Veränderungen
an Bord vor zu nehmen. So hat Martin eine Halterung gebaut, um das
Dinghy sicher an Deck zu verstauen. Wir haben die Segel nochmals
anders an den Latten gesichert und
verbesserten am Vor- und Hauptsegel die Trim-Leinen. Anschließend
haben wir uns sehr über das Testsegel in der Bucht gefreut, können
aber immer noch nicht herausfinden, warum das obere Panel, wenn wir
hart am Wind segeln, Falten zeigt. Wir vermuten, dass das obere
Segelfeld die Latten nach unten zieht, wenn die Panel vom Wind
aufgebläht werden, wodurch das Vorliek gedehnt wird. Das Hinzufügen
einer zusätzliche Leine aus Dyneema zum Gurtband am Vorliek kann
dies vielleicht verhindern.
Probesegeln in der Bucht von Porte Escondido
Wir
studierten neue Musik ein und Martin spielt nun unter anderem
„Trumpet Hornpipe“, auch bekannt als „Capt'n
Pugwash" auf der Mandoline. Natürlich haben wir hier
auch andere Segler kennengelernt und es gab das ein oder andere
Treffen mit genügend Abstand zueinander,
wie z.B. als ein Segler ein Konzert von Bord seines Bootes gab und
die anderen in ihren Dinghys rundherum angebunden waren.
Die
Situation mit dem Virus hat sich nicht wirklich entspannt, aber hier
in der Gegend hat es sich nicht verschlechtert.
Wir hatten gehofft, unser Visum hier zu verlängern, aber
leider hat das aus technischen Gründen nicht geklappt. So werden wir
nun unseren Weg weiter nach Norden fortsetzen, um aus dem
Hurrikanbereich zukommen. Für uns bedeutet es endlich wieder segeln,
aber auch kein oder sehr limitiertes Internet. Deshalb kann es gut
sein, dass ihr wieder etwas länger auf den nächsten Eintrag warten
müsst.
unsere Reise nach Norden geht weiter
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