Sunday 25 July 2021

Pazifiküberquerung von Mexiko nach Französisch Polynesien

 

Mit dem Verlassen von Banderas Bay segelte Taiko in den Pazifik, um zunächst die 310 nm entfernten mexikanischen Revillagegido-Inseln auf Kurs 250T anzulaufen. Wir konnten den Kurs bei leichtem WNW Wind anlegen, aber es ging nur langsam voran und an unserm ersten Tag machten wir nur 65 sm. Die Windstärke variierte, war aber im Allgemeinen leicht. Unser Log hat nur vier Einträge, bei denen unsere Bootsgeschwindigkeit fünf Knoten erreichte. Der Wind drehte auch immer weiter westlich, bis es für uns unmöglich wurde, an unseren Kurs von 250T für die nördlichste Insel der Gruppe, Isla San Benedicto, festzuhalten. So legten wir einen südlicheren Kurs an, um stattdessen Isla Sorrocco anzusteuern. 


Vier Tage später lag der Anker in Braulie Bay, an der windgeschützten Südseite der Insel. Unser Plan war, auf den Revillagegidos einen Zwischenstopp einzulegen, um sicherzustellen, dass es uns beiden gut geht und wir uns nicht in letzter Minute in Mexico mit Covid 19 angesteckt hatten, bevor wir in die Weiten des Pazifik aufbrechen. Obwohl die Chance ziemlich gering wären, eine 300-sm-Segeltour zurück zum mexikanischen Festland zu überleben, wenn man schwerkrank ist. Zwei Tage wurden auf der Isla Sorrocco verbracht, um Fensterlecks zu reparieren und andere kleine Bootsarbeiten zu erledigen.
Zweihundert Meilen weiter westlich liegt die letzte der Revillagegido-Gruppe, Isla Clarion. Wie Isla Sorrocco hat es einen kleinen Stützpunkt der mexikanischen Marine an seiner Südküste. Am 29. April 2021 um 00:30 Uhr segelte Taiko bei gutem NNO-Wind in Richtung Isla Clarion. 36 Stunden lang ging es gut voran, bis der Wind nachließ und sich unsere Bootsgeschwindigkeit auf unter drei Knoten verlangsamte. Wir hielten unter Segeln aus, um um 10:30 Uhr im Windschatten der Insel unterhalb des kleinen Marinestützpunkts zu ankern. Wir nutzten die Möglichkeit, einige kleinere Änderungen an unsere r laufenden Takelage und den Steuerleinen an unserer Windfahnensteuerung vorzunehmen. 

Renate rief die Marine über UKW-Funk an und bat aus Höflichkeit um Erlaubnis, während der Ausführungen dieser kleinerer Reparaturen vor Anker zu bleiben. Streng genommen ist eine teures Permit/Genehmigung erforderlich, um diese Inselgruppe anzulaufen, um dort zu Ankern. Der Marineoffizier erteilte ohne zu zögern die Erlaubnis; Ich nehme an, sie haben Besseres zu tun, als Yachten nach Genehmigungen zu kontrollieren, die von Mexiko-Stadt ausgestellt wurden. Renate backte Brot und reinigte den Rohwasserfilter des Motors, während ich Plastikwasserrohre über Laufleinen zog, um die Reibung an den Masten zu reduzieren. Außerdem wurden die Umlenkrollen der Pendelruderleinen an der Windfahnenlenkung neu platziert, um Scheuern zu reduzieren. Einen Tag später, am 2. Mai, wurden die Segel bei einem starken NE-Wind gesetzt, der Taiko schnell in Richtung SW segeln ließ. Jetzt fühlte es sich wirklich an, dass wir auf dem Weg über den Pazifik sind, mit dem Ziel den Äquator zu überqueren. Es gab nun kein Land mehr zwischen uns und den Marquesas.

Bisher hatten wir sehr gutes Wetter, warm und komfortabel, und kein Salz- oder Regenwasser im Cockpit, was es uns ermöglichte, die meiste Zeit im Cockpit zu entspannen. Noch komfortabler wurde dies durch den Einsatz von zwei rechteckigen Sitzsäcken von Renate, einer Idee von der Yacht Boundless. Die Sitzsäcke passen sich dem Körper an und halten ihn, trotz der Bewegung des Bootes, an Ort und Stelle. Sie waren auch beim Schlafen in der Freiwache hilfreich. Durch das Einklemmen des Sitzsacks zwischen Körper und Leetuch war es möglich, sich zu entspannen, ohne sich gegen die Schiffsbewegungen abstützen zu müssen, wodurch man schneller in den Schlaf sinken konnte. In Ermangelung eines kardanisch aufgehängten Tisches wurde die Lebensqualität während der Fahrt durch Holzkeile, die unter Teller und Tassen gelegt wurden, um die Neigung des Schiffes nach Steuerbord auszugleichen, verbessert.


 

Die NE-Passatwinde bedeuteten schnelles Vorankommen in Richtung SW, bis wir auf etwa acht Grad nördlicher Breite bei Dunkelheit in schlechtes Wetter segelten; wir erlebten sintflutartige Regenfälle, Donner, Blitze und Wind aus Süden. Dies erforderte das Reffen und adjustieren der Segel und das Umstellen der Windfahnen-Steuerung, um den neuen Bedingungen gerecht zu werden. 

Taiko, als auch wir, waren durchnässt, innen und außen. Regenwasser floss rasend schnell über den Großmast in den Salon und unsere Dorade-Boxen wurden überflutet vom vielen Regen. Zwölf Stunden später besserte sich das Wetter und das Regenwasser wurde mit Schwämmen aus der Bilge entfernt. Seltsamerweise ist der Großmast niemals zuvor, noch seit diesem Vorfall an seiner Deckdurchführung undicht geworden. Hier, auf den Marquesas, wird dies bei starkem Regen regelmäßig getestet. In der ITCZ (Innertropisch Konvergenzzone) zu segeln, bedeutete auch mal zu motoren, um diverse Schlechtwetterzellen zu umschiffen. Für uns gab es mehrere solcher zu vermeiden, bevor wir die ITCZ ​verlassen konnten.
Während dieser kurzen Schlechtwetterperioden riss eine der Steuerleinen, die ich sorgfältig vom Pendelruder bis zur Pinne verlegt hatte, aufgrund des erhöhten Wellengangs bei schwererem Wetter. 

Taiko lief aus dem Kurs und wurde sofort beigedreht. Renate fädelte eine Ersatzleine ein, indem sie sich außenbords quer über den Monitor-Windfahnenrahmen legte. Sie war natürlich mit ihrem Sicherheitsgurt am Boot festgebunden, aber es kam mir prekär vor und es fühlte sich an, als würde ich „die Laterne halten, während meine Mutter Holz hackt“; Ich hielt tatsächlich die Laterne. Die unerschrockene Renate dachte sich nichts dabei und argumentierte, dass ich sie viel leichter aus dem Wasser ziehen könnte, als sie mich, falls was schief geht. Das Reißen der Steuerleinen war ein anhaltendes Problem. Es gab noch zwei weitere Ausfälle, wie das zuvor beschriebene, bevor das Problem dauerhaft gelöst war, indem beide Leinen durch Dyneema ersetzt wurden. Zum Glück hatten wir welche an Bord, die uns Mark von ‚Del Viento‘ geschenkt hat. Danke Kumpel!

Als wir aus der Schlechtwetterzelle herauskamen, drehte der Wind nach Süden und wir begannen die Wirkung des äquatorialen Gegenstroms zu spüren, der unserem Fortschritt in Richtung Südwesten entgegen stand. Die ECC setzte auf NE, was in Kombination mit einem Südwind für frustrierend langsames Vorankommen und sehr weite Wendewinkel sorgte. Einen Tag machten wir in 3 Stunden nur sechs Seemeilen gut. Es dauerte eine Woche, bis der Wind wieder auf SSE zurückkehrte und die Strömung uns aus dem Griff ließ. Dies war ungefähr bei drei Grad nördlicher Breite. 

Einen Tag später, bei etwa zwei Grad Nord, wussten wir, dass wir uns nun in den SE Passatwinden befanden. Zur großen Freude segelten wir bei mehr als 20 Knoten Wind und mit beiden Segeln im zweiten Reff in schneller und komfortabler Fahrt. Unsere Wachen und die Tage schluepften vorbei, während unsere Geschwindigkeit selten unter sechs Knoten fiel. Als Taiko in einer Woche tausend Meilen zurücklegte, war es endlich so, wie ich mir das immer vorgestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt der Reise waren keine Seevögel mehr zu sehen. Taiko war außerhalb der Reichweite der Fregattvögel und Tölpel gesegelt. Die Tölpel wurden am Anfang der Reise zu einer Plage, da sie gerne auf unseren Sonnenkollektoren und Radarkuppeln landeten und sich ausruhten. Sie an Bord zu haben ist kein Problem, ärgerlich ist nur, was sie zurücklassen. Ich entwickelte eine Technik, um sie zu einzuschüchtern, indem ich schnell hinter den Sonnenpaneelen auftauchte und den beleidigenden Vogel mit einem Schuh schlug.


Bei Annäherung an den Äquator bestand Renate darauf, dass ich vor Neptun mit Salzwasser getauft wurde. Da ich der alte grummelige Mann bin, der ich bin, muss ich zugeben, dass ich widerstrebend an der besagten Taufe teilgenommen habe. Als Belohnung gab es nach der Zeremonie zwei Flaschen feines deutsches Bier, das für diesen Anlass aufbewahrt und gekühlt worden war und von der Crew getrunken wurden.

 

Taiko segelte seit einiger Tagen mit einem am Vorsegel gebrochenen Block der steuerbord Lazy Jacks. Da diese beim Junk Rig auch als Dirk fungieren, konnte der Fuß des gerefften Segels nicht wie gewünscht eingezogen werden. Das was beunruhigend, da bei einem Dschunkensegel der Baum angehoben wird, um diesen parallel zu den gerefften Latten zu bringen, um beim Reffen sicher zu segeln. Bei stetigem Wind auf Steuerbord nutzten wir die Zeit, etwas gegen das Problem zu unternehmen. Nach Annie Hills Vorteilen eines Junk Rig Nummer Vierzehn kletterte Renate mühelos die Focksegellatten hoch, band sich am Mast fest und ersetzte den kaputten Block. Ich muss zugeben, dass ich dabei nicht unerhebliche Angstgefühle hatte, auch diesmal dachte sie sich nichts dabei.


Angeln von einer Yacht habe ich immer als nervenaufreibend empfunden, da sich Angelschnüre leicht mit laufender Takelage, Segeln, Propeller und Ruder verheddern können. Die Gefahr, dass ein großen Angelhaken, der in der Dünung herum schwingt, vielleicht jemanden ein Auge ausreißt, ist für mich ein unangenehme Vorstellung. Ich mag auch nicht das Blut, den Schleim und die Fischschuppen, die sich über mein Boot verteilen, wenn die arme Kreatur geschlachtet wird. Ich weiß, das ist sehr unmännlich, aber ich bin der Meinung, wenn man von einem Boot aus angeln möchte, sollte man sich besser ein Aluminumdinghy kaufen. Auf unseren letzten Hochseeüberfahrten von Neuseeland schienen nur riesige Fische an unseren Haken zu kommen, die zu groß für uns waren, zum Beispiel mehrmals ein Marlin, Hai oder Hundezahnthunfisch und einen riesigen Wahoo, den wir an eine Kanak-Familie verschenkten. Etwas in Pfannengröße zu fangen, ist für mich viel angemessener. Renate hat darauf bestanden, dass wir, wenn immer möglich, einen Köder hinter uns her ziehen, zu meiner Freude waren die Ergebnisse schlecht. Zwei jugendliche Dorado, die wir freigelassen haben und ein Bonito (roter Thunfisch). Den Bonito weigere ich mich zu essen und seine Filets schmachten noch im Gefrierschrank. Außerdem gehen bei unseren Angelversuchen in der Regel große Mengen Schnur und teure Köder verloren. Ich möchte es lieber vermeiden, es ist billiger, Fisch zu kaufen, wenn man es will. Aber wenn es notwendig ist, kümmere ich mich auch um die Angelrute.



 

 
Im Morgengrauen des 25. Mai war Nuku Hiva in Sicht. Renate war auf Freiwache und schlief, als wir die Insel ansteuerten und verpasste die Aufregung, das Land bei unserer Annäherung zu sehen, bis wir ganz nahe waren. Der Anker ging in Taiohae um 10.30 Uhr nieder. Genau das Datum und die Uhrzeit, die in unserem Antrag auf Genehmigung zum Segeln nach Nuku Hiva angegeben sind. Mehr Glück als gutes Management! Im Grossen und Ganzen war es eine gute Ozeanpassage mit sehr wenig schwierigen Bedingungen. Wir blieben per E-Mail über Winlink mit Wulf Henning in Kontakt, der uns mit Wetterinformationen versorgte. Wulf hat uns freundlicherweise das obige Bild zur Verfügung gestellt, das Taikos Track aus den ihm zugesandten Positionsberichten skizziert.


Bucht von Taiohae


Als wir bei den örtlichen Gendarmen eincheckten, stellten wir erschrocken fest, dass wir nur vier Tage zum Auftanken und Einkaufen hatten, danach sollten wir das Land verlassen. Merde! Wo können wir hin? Nach Neuseeland im Winter? Das war natürlich nicht die Schuld des unglücklichen Gendarms. Wir sprachen mit dem örtlichen Yachtagenten, der uns vorschlug, eine Verlängerung der 4 Tage-Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, um Reparaturen durchzuführen. Ich tat dies sofort mit übertriebenen Ausschmückungen, obwohl das, was auf dem Antrag stand, nicht unwahr war. Die Aufenthaltsgenehmigung für Reparaturen kam mit ein paar Stunden Verspätung zurück aber wir durften den Ankerplatz nicht verlassen und mussten in Taiohae bleiben.


Unser Boot hatte vor dem Kauf zwölf Jahre lang ohne Wertschätzung in der mexikanischen Wüstensonne gelegen, was an einigen Gegenständen seinen Tribut gefordert hatte. Die von der Sonne beschädigte obere Kunststofflager der Monitor-Windfahne hatten schließlich aufgegeben und mussten ersetzt werden. Zum Glück hatte ich die Teile vorsorglich in Mexiko bestellt und an Bord gehabt. Das Auseinandernehmen eines federbelasteten, kniffligen Mechanismus über 10 m trübem Wasser mit einem 1.5m Schwell brachte mich zur Verzweiflung und führte zu vielen Kraftausdrücke. Zum Glück war unter der Moni(tor) ein Bettlaken gebunden, das erfolgreich dreimal ein wichtiges Teil davor bewahrte, in der Tiefe verloren zu gehen. 

Sowohl die Groß- als auch die Vorsegelrah mussten mit Glasfaser verstärkt werden. Für die Vorsegelrah war es das zweiten Mal. Beide Rahen, ebenfalls Opfer der Wüstensonne, wurden an Land unter einem Bootszelt repariert. Die Reparatur war unkompliziert, wenn auch zeitaufwendig. Die größte Schwierigkeit bestand darin, sie während des gesamten Prozesses trocken zu halten. Es ist Regenzeit hier in den Marquesas.

Nach einem Monat in Taiohae hatten wir genug von dem rollenden, regnerischen, Rumpf verschmutzenden Ankerplatz und umrundeten die Insel mit Halt in Controleur Bay, Anaho Bay, Hakaehu Bay und Marquesienne Bay. Alle Ankerplätze waren wesentlich bequemer als Taiohae und wir haben zur Abwechslung mal gut geschlafen. Interessanterweise hat die Insel an ihrer NW-Ecke einen Regenschatten, wo es trocken ist und die Sonne scheint. Super für die Solarladung.


Bucht von Hatiheu

Zurück in Taiohae haben wir endlich die lang ersehnte Erlaubnis erhalten, etwas länger in Französisch-Polynesien zu bleiben und andere Inseln anzulaufen. Wir verabschieden uns und sind bereit, zu anderen Inseln zu segeln. Unsere politischen und offiziellen Sorgen scheinen vorbei zu sein und wir können uns wieder den normalen Sorgen um Wetter, Navigation, Wasser, Treibstoff, Essen usw.

1 comment:

  1. Hallo ihr Lieben !

    Wieder ein sehr schön geschriebener Bericht. Sehr schön, dass wir eure Reise auf diese Weise verfolgen können. Besonders erfreut haben uns die tollen Fotos !
    Haltet durch, genießt das Leben.

    Herzliche Grüße von den Azoren

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