Die zwei Tage, die wir in San Carlos in der Marina verbrachten, waren
voll von hektischen Forschungsaktivitäten, bei denen wir uns bemühten,
die beste Möglichkeiten für einen Houlout, den Bau vom Beiboot und die
Nähe zu Einkaufsbegebenheiten sowie Dienstleistungen zu finden. San
Carlos war eine Option, aber auch hier waren uns die Preise für die
angebotenen Dienstleistungen nach unseren Maßstäben zu hoch. Darüber
hinaus müssten wir für alles, was man an Hardware oder anderen Material
benötigte, mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Guaymas fahren, was
einen zusätzlichen Zeitaufwand bedeutet. Die öffentlichen Verkehrsmittel
in Mexiko sind schon gewöhnungsbedürftig. Bei den Bussen handelt es
sich ausnahmslos um alte amerikanische Schulbusse, die wohl vor
Jahrzehnten für diesen Zweck außer Dienst gestellt wurden. Das ist ein
erheblicher Gegensatz zu unserer jüngsten Erfahrung, die wir mit
öffentlichen Verkehrsmitteln in Europa hatten. Selbst die Busse im
begrenzten Busnetzes in Whangarei sind moderner. Der erste Bus, indem
wir einstiegen, hatte eine starke Abnutzung des Lenkmechanismus. Der
Fahrer musste das Lenkrad etwa eine viertel Umdrehung drehen, bevor die
Fahrtrichtung ueberhaupt beeinflusst wurde. Die Bremsen schienen jedoch
gut genug zu funktionieren. Alle Busse sind sehr klapprig und laut. Die
Busse sind in Privatbesitz und fahren eine feste Strecke für eine feste
Gebühr. 17 Pesos kostet uns die Fahrt für die 3/4 Std von San Carlos in
die Stadt. Das sind entspricht etwas weniger als 1 Euro. Und ist sehr
günstig. Es gibt viele Busse und man muss nie lange warten, bis der
Nächste auftaucht.
Unsere Suche führte uns nach Guaymas, zur Marina Fonatur. Fonatur ist
eine staatliche Organisation, die einige Yachthafeneinrichtungen in
unterschiedlichen Regionen von Mexiko unterhalten. In der Regel sind sie
billiger als andere Pachthäfen. Obwohl der Hardstand voll war, war der
Steg bis auf ein anderes Boot leer. Wir wurden herzlich empfangen und
uns wurde zugesagt, dass wir (ich) Platz hätten, um ohne Aufpreis im
Schatten ein Beiboot zu bauen. Die Gebühren waren angemessen, und so
machten wir uns auf den Weg, um am nächsten Tag aus der Marina San
Carlos abzulegen.
Obwohl die Entfernung von San Carlos nach Guaymas auf dem Seeweg nur
etwa 15 Nm beträgt, war es sehr angenehm, wieder auf See zu sein, und
wir beschlossen, unterwegs eine Nacht vor Anker zu bleiben. Wieder war
der Wind sehr schwach, aber wir haben es geschafft, einen Teil des Weges
sogar Wing und Wong zu segeln. Der Ankerplatz war angenehm, wenn auch
ein wenig unruhig, aber diesmal ohne Insektenpest.
Schmetterling-segeln. Wing and wing sagen die Amerikaner, bei uns
Junkies heißt es Wing and Wong .
Unmittelbar nachdem wir uns in Marina Fonatur niedergelassen hatten,
machten wir uns an die Organisation der nächsten bevorstehenden
Ereignisse. Renate würde in ungefähr einer Woche von Los Angeles nach
Neuseeland zurückfliegen. Und so wurde beschlossen, ihre Reise nach L.A.
mit einem Einkaufsbummel in Arizona, genauer in den Städten Tucson und
Phönix zu kombinieren. Dort wollten wir die Dinge kaufen, die in Guaymas
unmöglich zu bekommen waren. Bevor wir mit einer langen Einkaufsliste
los fuhren, verbrachten wir zwei angenehme Abende mit Tony und Diane vom
Schiff Dulce, der einzigen anderen Yacht, mit der wir den Steg der
Marina teilten. Tony ist ein erfahrener Blechflötenspieler, der fast
alle Stücke kannte, die auch wir spielen: The Fields of Athenry, Roddy
McCorley, Foggy Dew, Si Bheag Si Mohr und anderen. Tony hatte eine
interessante Sammlung von Irish Tin Whistles, darunter eine tiefe D.
Dies war natürlich sehr interessant für Renate, die viel von Tonys
Erfahrung profitierte. Leider war die tiefe D-Flöte für Renates zu
schwierig, ihre kleinen Finger konnte sie nicht weit genug strecken, um
die Flötenlöcher zu schließen. Schade!
Den nächsten Tag nahmen wir ein weiteres Mal einen Mietwagen und machten
uns auf den Weg nach Norden, nach Arizona. Die Reise verlief ereignislos
und wir fanden uns bald in einem Motel mit angemessenen Preisen in
Tucson wieder. Es wird niemanden überraschen zu lesen, dass es lästig
ist, wenn der Biervorrat fürs Schiff im Einzelhandel gekauft und dann
an Bord getragen werden muss, besonders wenn man an Home-brew, also an
selbst gebraute Bier gewöhnt ist. Glücklicherweise hatten wir erfahren,
dass Cooper's, die Nummer 1 unter den Anbietern für Hobby Brauer, die
einzige Niederlassung für die gesamten USA in Tucson unterhält. Wir
kauften einen Jahresvorrat von Bier-Melasse, Brau-Zucker und Zubehör,
gerade genug, um nach Neuseeland zurückzukehren. Die Aussicht, in
Französisch-Polynesien horrende Bier Preise zu zahlen, ist total
unattraktiv. Unsere Geschichte weckte das Interesse der Mitarbeiter von
Cooper's, die uns mit Michael Shearer, dem General Manager von Cooper's
Australien, bekannt machten, der gerade zu einer Stippvisite in den
Staaten war. Wir hatten ein langes Gespräch mit Michael über unser
bevorstehendes Abenteuer, indem wir heraus fanden, dass wir gemeinsame
Bekannte in Opua / Bay of Island (NZ) haben, wo Michael mit seiner Frau
zum Segelurlaub war. Für uns war es fantastisch, alle notwendige
Ausrüstung und Zutaten zum Bierbrauen zu erwerben. Gute Unterhaltung und
einen großzügige Rabatte auf unseren ungewöhnlich großen Einkauf zu
erhalten, war ein Plus.
Mit den Mitarbeitern von Cooper's Mr. Brew. Michael Shearer Zentrum.
Nach dem Verlassen des One-Stop- Brauereigeschäfts fuhren wir weiter
nach Phönix, um dort unsere lange Liste für den Boots- und
Dinghybauartikeln, sowie verschiedene Trockennahrungsmittel zur
Provientierung zu finden. Überraschenderweise gibt es mitten in der
Wüste eine blühende Bootsgemeinde, deren Bedürfnisse von einem ziemlich
umfangreichen Ausrüster "Westmarine" gedeckt wird. Anscheinend gibt es
in der Region eine große Anzahl von Seen, die Wassersportlern zur
Verfügung stehen. Unsere lange Liste mit Werkzeugen, Materialien und
Teilen wurde vollständig abgearbeitet. Es war sogar möglich, Segeltuch
zu bestellen, um später selbst neue Segel herzustellen.
Schließlich brach der Tag an, an dem Renate die Heimreise nach
Neuseeland antrat. Für mich war es entmutigend, die nächste Etappe des
Abenteuers ohne meinen fähigen Begleiter zu beginnen. Mir stand eine
lange Fahrt nach Mexiko, auf der mir ungewohnten Straßenseite mit einem
Mietwagen, bevor, voll mit zollpflichtigen Gütern, die ich vor dem
mexikanischen Zoll verbergen wollte. Doch alle Bedenken waren umsonst,
denn ich bin ungehindert über die Grenze gekommen, hatte keine Pass-
oder Fahrzeugkontrolle, einfach Nichts. Renate steht stattdessen vor der
entmutigenden Aufgabe, ihr 25-jähriges Zuhause zu räumen und Renahara an
neue Besitzer zu übergeben. Sie ist sehr dankbar für die Unterstützung
und Hilfsbereitschaft der Familie Skovlund, bei der sie, während dieses
Prozesses wohnt.
Nach dem Ausladen und der Rückgabe des Mietwagens war es an der Zeit,
mit dem Bau des Beiboots zu beginnen und natürlich auch Bier zu brauen.
Während ich schreibe, ist das Bier fast trink-fähig und das Dinghy fast
fertig. Seit der Anlieferung vom Holz hat das Projekt drei Wochen
gedauert, ein guter Fortschritt. Es ist befriedigend, wenn ein Stapel
Holz plötzlich die Form eines Bootes annimmt. In der Werft war das
Interesse an dem Bauprojekt groß, und die Leute schauten täglich vorbei,
um den Fortschritte mitzuerleben.
Etwa eine Woche, bis die Farbe aufgetragen werden kann.
Die nächste Etappe des Abenteuers beginnt am Montag, den 18. November.
Dann kommt das Boot auf die Werft, denn es steht eine weitere
arbeitsreiche Zeit an. Auf der Arbeitsliste steht unter anderem die
großen Posten, wie die Rudermodifizieren, Propeller-wechsel, Lackieren,
Antifouling und später die Segel nähen.